Sarah Brendel hat zusammen mit ihrer Band am 6.12.19 ein Konzert mit bisher unveröffentlichten Songs beim CVJM Brandenburg gespielt. Die junge Songwriterin Sarah Brendel machte den Saal im Wichernhaus des CVJM Brandenburgs zur offenen Studiobühne für ihr neues Album. Still setzte sich Sarah Brendel ans Keyboard, ergriff Janik Hüsch die Schlägel, stimmte Moritz Brümmer den Bass und David Lübke die Gitarre. Sie spielten zum ersten Mal in Brandenburg.
Insgesamt hat Sarah Brendel 30 Songs geschrieben, wovon 15 auf die neue CD kommen werden. 
Die Lieder sind auch außerhalb entstanden, unter anderem in einer Woche „Berlin solo“. Von Gott, vom Flüchtlingselend, der Liebe, ihrer Kindheit und ihrer Tochter singt Sarah Brendel empfindsam, ausdrucksvoll, auch kraftvoll, energisch. Sie ist so: gefühlvoll und stark. So war der Abend geprägt mit neuen Liedern, wobei sie viel von ihren Erlebnissen in der letzten Zeit und dem Projekt in Nordsyrien in die Songs mitverarbeitet hat. Ein Song begann mit arabischem Text, der mit Musik unterlegt war, und schilderte Erlebnisse von Syrern im Krieg in Aleppo. Das Lied nahm diese Eindrücke auf und erzählte dann in englischer Sprache davon, niemals aufzugeben, die Hoffnung zu behalten und das Vertrauen in sich. Das war beeindruckend und sehr ergreifend. Insgesamt war es ein sehr emotionaler Konzertabend mit Musik (auch kurdischer) und Berichten aus Aleppo und Afrin in Syrien.
Im Konzert berichtete Sarah von ihrem Projekt Refugeeum:
In dem Dorf Khan Al Asal, etwa zwanzig Minuten südwestlich von Aleppo/Syrien, mieten wir mit der Unterstützung von privaten Spendern zwei große Räume mit Küche, Bad und Garten in einer alten Villa, die hinter einem großen Tor liegt, um Kindern aus den Dörfern um Aleppo einen Zufluchtsort inmitten des Krieges zu ermöglichen. 50 Kinder kommen fünfmal in der Woche ins Refugeeum, sie werden in Mathematik, Englisch, Arabisch und Kunst von 3 Lehrerinnen unterrichtet, bekommen jeden Morgen ein Frühstück und zweimal in der Woche ein Mittagessen. Auch für die Mütter ist Platz im Refugeeum, sie kommen zum Tee, während ihre Kinder spielen. Viele Familien haben ihre Väter im Krieg verloren und sind sehr arm, sodass sie sich keine private Schule leisten können. Das Refugeeum möchte Kindern, die den Krieg miterlebt haben, ermöglichen, wieder zu träumen an einem Ort, wo sie sorglos spielen und lernen können. 
Auch die kleine Shahd (11 Jahre) hat ihren Vater und ihren kleinen Bruder im Krieg verloren. „Meine Träume enden, wenn ich aus dem Haus gehe und überall Ruinen sehe. Deshalb komme ich so gerne ins Refugeeum, ich liebe die englische Sprache und zu lernen. Mein Traum ist es, Englisch-Lehrerin zu werden.“ Immer noch fallen Bomben in Syrien, und niemand weiß, ob der Krieg wirklich zu Ende ist. Deshalb gibt es neben drei Lehrerinnen, einer Putzhilfe, einem kleinen Organisationsteam, das aus Shadi, Abdullah & Abdullah, Sarah & Stevi besteht, auch einen Busfahrer, der die Kinder mit seinem Mini-Bus jeden Tag zur Schule bringt und wieder nach Hause fährt. Das Refugeeum bei Aleppo ist noch jung, im Juli 2019 hat es zum ersten Mal seine Tore geöffnet. Bis vor kurzem arbeitete das Team ehrenamtlich. Mittlerweile erhalten die Lehrerinnen vom Refugeeum ein wenig Geld. Sie haben ein großes Herz für die Kinder und sind zudem ausgebildet. Außerdem wird weiterhin Geld gesammelt für einen Spielplatz im Garten und für Schulzubehör (wie Drucker, Papier, Hefte usw.) neben der regelmäßigen Monatsmiete, Strom und Wasser, Sprit- und Mietkosten für den Schulbus.
Die Geschichte von Nevrus, die mit ihren vier Söhnen fliehen musste ist sehr traurig, doch wenn man ihr begegnet, weiß man, dass Hoffnung möglich ist. Trotz aller Strapazen, monatelanger Flucht, oft ohne Nahrung und Bleibe, gab sie nicht auf und brachte ihre Söhne bis nach Deutschland- in Sicherheit. Auch Shadis Geschichte ist zum Weinen, seine ganze Familie kam im Syrien-Krieg ums Leben, er hat als Einziger überlebt. Seit Jahren hat er kein richtiges Zuhause und hilft dennoch, wo er nur kann, vor allem Kindern und Witwen in Aleppo. Diese beiden Menschen sind Sarahs persönliche Helden und sehr gute Freunde!

Der Abend war geprägt von toller, handgemachter Folk- und Country-Musik. Die Band bestand aus einem Schlagzeuger einem Gitarristen, der auch Banjo spielte und einem Bassisten, der zwischendurch ein Akkordeon bei einem Lied zum Klingen brachte. Sarah Brendel erzählte zwischen den Songs, und das junge Publikum hörte gespannt zu. Sie erhielt viel Zustimmung, heftigen Applaus. Die Zuhörer waren neugierig, ließen sich gern auf die Musik ein, wollten auch die Inhalte verstehen. Von ihrer Kindheit im Elternhaus erzählte sie, widmete auch Vechta, wo sie aufwuchs, ein Lied. Vor allem aber ging es ihr um Flucht, um die Schicksale der Syrer*innen, Eritreer*innen und Nordafrikaner*innen. Diese gehen ihr persönlich ganz, ganz nahe. Sie kennt Geflüchtete, hilft und unterstützt sie. Und gibt deren Geschichten in ihren Songs weiter: berührend, nie überzogen sentimental. Sarah Brendel drückt aus, was sie tief im Herzen bewegt. Sie gibt preis, was sie ergreift. So erreichen ihre Lieder ihr Publikum. In der Pause entwickelten sich erste Gespräche mit Sarah Brendel und den Bandmitgliedern. Nach dem Konzert war nochmals explizit die Gelegenheit zum Gespräch, was insbesondere von vielen Syrer*innen, aber auch Einheimischen genutzt wurde. Wir danken Sarah Brendel für den Abend, für ihre Musik und ihr tolles Projekt in Nordsyrien.



Brandenburg an der Havel, den 10.12.2019

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